Wenn man davon ausgeht, dass das schamanische Naturverständnis eine Art von spiritueller Urverbindung zwischen Mensch, Natur und Kosmos ist, so kann man annehmen, dass natürlich auch die Ureinwohner Europas ein schamanisch geprägtes Weltbild hatten. Zahlreiche Höhlenmalereien und Petroglyphen geben Zeugnis von naturmagischen Praktiken unserer Vorfahren. Als die Kelten sehr viel später nach Europa kamen, fanden Sie Kultstätten einer alten Megalithkultur (Steinkreise, Steinreihen, Hügelgräber, Dolmen) vor und setzten das magische Naturverständnis der neolithischen Kulturen fort. Die riesigen Granitaltäre wurden später zu keltischen Weihplätzen. Die geistige Führung lag bei den Kelten in den Händen der Druiden. Diese galten als besonders heilkundig. Druiden und Priesterinnen wussten um die alten Heilrituale und halfen den Menschen, das Gleichgewicht zwischen Mensch, Erde und Kosmos zu halten. Die Kelten besaßen auch ein hohes Wissen der Heilkräuterkunde. In den Kräutern und Bäumen sahen sie geistige Wesen. Dieses Wissen um die geistige Kraft der Heilkräuter existierte noch bis ins Mittelalter - im Wissen der weisen Frauen, der Zauberfrauen. Zugrunde lag ein völlig anderes Naturverständnis als jenes, das ab der Zeit der Aufklärung allgemein üblich wurde. Die Heilpflanze, die Gundelrebe, das Veilchen, das Leberblümchen, der Beifuss ist ein Wesen - viel mehr als die Summe ihrer chemischen und arzneikundlich wirksamen Inhaltsstoffe. Um das Wesen der Natur zu ergründen, ist es notwendig hinauszugehen beziehungsweise hinein - in jenen Raum, in dem Erfahrung möglich ist. Auch Paracelsus, jener geniale Naturgelehrte, Mystiker und Philosoph, dessen Wurzeln in die Antike bis hin nach Ägypten zu Hermes Trismegistos reichen, schreibt am Beginn der Neuzeit: "Alle Erkenntnis der Welt, die wir Menschen auf Erden besitzen, stammt nur aus dem Lichte der Natur. Dieses Licht der Natur reicht vom Sichtbaren zum Unsichtbaren und ist hier so wunderbar wie dort. Im Lichte der Natur ist das Unsichtbare sichtbar." Der Verstand allein ist nicht imstande jenes wunderbare Unsichtbare zu ergründen. Ein offenes Herz und ein offener Geist sind dafür nötig. Schamanismus ist für mich ein Weg des Herzens.